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Mitten im Leben die letzten Dinge miteinander besprechen

Wir wenden uns mit offenen Worten an Sie, weil wir überzeugt sind: Es ist nicht gut, die letzten Dinge von Sterben, Tod und Bestattung zu verschweigen oder aufzuschieben, bis es zu spät ist. Wir möchten Mut machen, dass Sie mitten im Leben Vorsorge treffen und in diese Vorsorge Ihre Angehörigen mit einbeziehen. Leider erleben wir es als Geistliche nicht selten: Es hat jemand für sich allein eine fixe Ordnung der eigenen Bestattung festgelegt, ohne mit den eigenen Angehörigen darüber in ein offenes Gespräch getreten zu sein. Es ist aber eine Frage der Rücksichtnahme und Fairness, dass die Angehörigen diese Möglichkeit haben. Denn nicht der Verstorbene muss einmal mit seinem Tod leben, sondern die Angehörigen müssen es. Darum fragen Sie bitte Ihre Angehörigen, wie es ihnen mit Ihren Wünschen ergeht und ob sie sich vorstellen können, mit diesen nach Ihrem Sterben zu leben. Das erfordert Klarheit und Mut, aber im Horizont unseres Glaubens an die Auferstehung brauchen wir diesen letzten Dingen nicht aus dem Wege zu gehen. Eine erste wichtige Frage, die zu klären ist, ist die nach dem Trauerort.

Die Bedeutung des Trauerortes

Nicht der Verstorbene wird seinen Tod betrauern, sondern seine Angehörigen werden mit seinem Verlust klar kommen müssen. Die seelsorgerliche Erfahrung zeigt: Trauer braucht einen eindeutigen Trauerort. Um Kriegsvermisste zu trauern, deren Ort und Verbleib unklar ist, ist fast eine Unmöglichkeit. Je näher jedoch ein Trauernder an das Grab seines Verstorbenen treten und ihn dort lokalisieren kann, umso leichter wird es im fallen, seinen Verstorbenen zu gedenken, zu sprechen, zu singen, zu beten und zu weinen. An individuellen Erd- und Urnengräbern ist das ohne Zweifel gegeben. Ob solche konkrete Trauer auch an Urnenfeldern und um Bäume herum möglich ist, wie es sie bereits in einigen Gemeinde gibt, ist eine wichtige, wohl auch persönliche Frage, über die Sie mit Ihren Angehörigen sprechen sollten. Einen Unterschied für die Trauerbewältigung mag für manchen Angehörigen auch der körperliche Zustand des Verstorbenen ausmachen: ob er zum Trauergottesdienst an einem Sarg mit Leichnam oder vor einer Urne mit Asche Abschied nimmt; ob er nach der Bestattung an einem Grab trauern kann, in dem er seinen Verstorbenen im Sarg mit unversehrtem Körper bestattet weiß, oder ob von diesem nur ein kleiner Aschehaufen verbranntem Sarg und Körper übrig ist, der in keiner Weise mehr an das Erscheinungsbild des Verstorbenen erinnert. Wir machen Mut: Reden sie mitten im Leben mit Ihren Angehörigen darüber.

Die Bedeutung der Grabpflege

Auch dieses erleben wir als Geistliche: Verstorbene haben zu ihren Lebzeiten festgelegt, ein möglichst pflegeleichtes Grab zu bekommen, um ihren Angehörigen nachher keine Arbeit und Kosten bei der Grabpflege zu bereiten. Aber sie haben ihre Angehörigen in diese Überlegungen nicht mit eingebunden, sondern dies einseitig festgesetzt. Und die Angehörigen wären womöglich nicht nur bereit, sondern es wäre ihnen ein Wusch gewesen, das Grab ihres Verstorbenen zu pflegen - dankbarer Erinnerung, als Ehrenerweis und Liebesdienst. Im Anschluss an das Alte Testament und die Praxis des Judentums gilt auch im Christentum die Bestattung und Pflege des Grabes als letzter Liebesdienst an den Verstorbenen, als eines der Sieben Werke der Barmherzigkeit. So wollen die Frauen am Ostermorgen den Leichnam Jesu einbalsamieren. Die Möglichkeit, dass wir aneinander diesen Dienst tun, sollten wir unseren Angehörigen nicht verwehren. Darum: Sprechen Sie mitten im Leben darüber, wie es für alle Beteiligte der beste Weg ist. Freilich kann es in unserer Zeit, in der Angehörige vom Grab ihres Verstorbenen oftmals weit weg wohnen, schwierig sein, die Grabpflege selbstständig zu leisten. Doch finden sich innerhalb unserer Gemeinden immer wieder Menschen bereit, fremde Gräber zu pflegen. Ein Anruf in unseren Pfarrämtern kann genügen, um einen solchen Kontakt zu vermitteln und eine gute Grabpflege zu garantieren. Bitte melden Sie sich bei uns!

Die Bedeutung von Geld und Zeit

Es ist für unsere Angehörigen in unserem Sterbefall eine wesentliche Entlastung, wenn wir zuvor mit ihnen nicht nur über Trauerort und Grabpflege gesprochen, sondern auch (vielleicht mit ihnen gemeinsam) finanziell Versorge getroffen haben für die Ausgaben, die bei unserer Bestattung und für die Grabpflege anfallen werden. Fest steht: Eine Feuerbestattung ist günstiger als eine Erdbestattung. Fest steht aber auch, dass ein jeder Mensch sterben muss und wir ein Leben lang Zeit haben, finanzielle Vorsorge zu treffen. Und es wäre fehl am Platze, wenn die Kosten bei einer Besatzung das Wichtigste wären. Kostendruck, Wirtschaftlichkeit und Zeitersparnis beherrschen das Leben in der modernen Gesellschaft, alles muss wenig kosten und schnell erledigt sein. Dieses Denken aber ist einer Bestattung nicht angemessen. Wichtiger als die Kosten sind unsere inneren Überzeugungen, ob wir Erd- oder Feuerbestattung für uns möchten, und die Wünsche unserer Angehörigen, also das, was für sie und für uns gut und förderlich ist. Die Umsetzung dieser Überzeugungen und Wünsche sollte nicht an den Kosten scheitern. Als Angehörige sollten wir im gesamten Umfeld der Bestattung nicht knausrig sein, weder mit unserm Geld, noch mit unserer Zeit. Verstehen wir die Bestattung als letzten, ehrenden Liebesdienst an unserem Verstorbenen, so sind uns die Kosten und Folgekosten  seiner Bestattung zweitrangig und wir bereit, dem Tag der Bestattung höchste zeitliche Priorität einzuräumen, auch wenn er unseren Terminkalender durcheinanderwirbeln sollte. Wir können bedenken: Wenn wir uns zu Lebzeiten geliebt, wertgeschätzt und einander Zeit geschenkt haben, dann setzen wir das doch bis ins Sterben und Abschiednehmen hinein fort. Wie wir mit unseren Verstorbenen umgehen, ist ein Widerschein dessen, wie wir miteinander als Lebende umgehen.

Erdbestattung oder Feuerbestattung?

Diese Frage ist nicht nur eine seelsorgerliche und praktische. Sondern als Geistliche sind wir überzeugt, dass diese Frage auch vom christlichen Glauben her entschieden werden muss. Denn die Bibel und die jüdisch-christliche Tradition geben hier eine klare Richtung vor. Wir fragen darum: Welche Bestattungsweise, die Erd- oder die der Feuerbestattung, entspricht den biblischen Leitlinien und den Maßgaben unserer Tradition? Oder so formuliert: Sollen sich Christen eher beerdigen oder eher verbrennen lassen?

Kurzer geschichtlicher Überblick

Im Judentum und Islam sind Körperverbrennungen bis heute streng verboten. Auch das Christentum praktizierte von Anfang an die Erdbestattung - jahrhundertelang als eines der Abgrenzungsmerkmale zum Heidentum. Erst in den letzten beiden Jahrhunderten kam in christlichen Gemeinden die Frage nach Erd- oder Feuerbestattung auf. In dem renommierten theologischen Lexikon "Religion in Geschichte und Gegenwart" (RGG, 4. Auflage, 1998, S. 1366) heißt es dazu: "Die Christenheit hat von Anfang an die in der vorchristlichen Umwelt häufige Leichenverbrennung abgelehnt und im Anschluss ans Judentum und in Erinnerung and das Begräbnis Christi die Körperbestattung praktiziert. Das Verbot Karls des Großen (785) ließ den heidnischen Brauch fast völlig untergehen. Erst seit der franz. Revolution wird die Feuerbestattung zunehmend propagiert." Für die Feuerbestattung (auch "Kremation") hat man unter der Ärzteschaft die bessere Hygiene (Friedhof innerhalb stark besiedelter Gebiete) und unter den Arbeiterverbänden und der Sozialdemokratie des späteren 19. Jh. die Kostenersparnis (gegenüber der Erdbestattung) als Gründe ins Feld geführt, in aufklärerischen Kreisen war hingegen die Ablehnung des christlichen Glaubens an die die Auferstehung das treibende Motiv. In der heutigen Zeit schätzt man die niedrigeren Kosten und die terminliche Unabhängigkeit bei Urnenbeisetzungen und, wo Verwandschaften nicht mehr selbstverständlich in der Nähe wohnen, ist auch die einfachere oder gänzlich entfallen Pflege eines Urnengrabes ein Argument. Es geht hier vorwiegend um praktische Gesichtpunkte. Die Erdbestattung hingegen bevorzugt, wer sich beim Gedanken der Einäscherung seines Leibes unwohl fühlt, wer vor einem unversehrten Leichnam (beim Begräbnis, später am Grab) seine Trauer besser bewältigen kann als vor einer Urne mit Asche oder wer eine Einäscherung mit der Würde des Menschen und seines Leibes nicht vereinbaren kann.

Respektieren wir einander!

Wir Geistliche haben uns hier sehr offen für die Erdbestattung ausgesprochen. Wir meinen, dass wir Ihnen dies schuldig sind. Wir möchten und sollen Ihnen Orientierung im Glauben geben. Gleichwohl wollen wir auch festhalten, dass wir die Entscheidung eines jeden Christen respektieren und achten werden, der seinen Lieb einäschern lassen möchte, und wir bereit sind, seine Asche beizusetzen. Wir bitten alle Gläubigen, gleichfalls diese Achtung untereinander zu üben.

In allen Belangen rund um diese Orientierungshilfe und die christliche Bestattung kontaktieren Sie uns bitte:

 

Pfarrer Matthäus Ottenwälder

Tel. 09172-663300