GESCHICHTE
„Es lebe die deutsch-französische Freundschaft“
Dieser Satz des früheren Staatspräsidenten Charles de Gaulle sollte eine neue Epoche einläuten!
Konrad Adenauer und Charles de Gaulle hatten 1962 in Reims einen Versöhnungsgottesdienst mitgefeiert und sich die Hände gereicht.
Doch Kriegsgeschehnisse lassen Wunden zurück. Die Dörfer im Pas de Calais, im Norden Frankreichs, waren durch die schrecklichen Kriegsgeschehnisse traumatisiert.
Aber das sollte sich ändern
Eine Begebenheit, die heute Menschen im Pas de Calais mit den Menschen hier in Georgensgmünd und Umgebung verbindet, zeigt, dass auch einzelne Menschen zu Frieden und Versöhnung der Völker beitragen können.
Jules Legrand,
ein französischer Kriegsgefangener, war bei der Georgensgmünder Möbelschreinerei Riegelbauer eingesetzt. Er wohnte mit zwei weiteren Kriegs-gefangenen vom 18.11.1943 bis 10.05.1945 im Betrieb. In seiner Freizeit fertigte er eine kunstvolle Monstranz aus Sperrholz an, in die er schnitzte:
AGNUS DEI - ADVENIAT REGNUM TUUM - FIAT VOLUNTAS TUA – SIT NOMEN DOMINI – BENEDICTUM – AMEN
LAMM GOTTES – DEIN REICH KOMME – DEIN WILLE GESCHEHE – DER NAME DES HERRN SEI GEPRIESEN – AMEN
Er ließ sein Kunstwerk in einer Holzkiste mit der Aufschrift
„Souvenir de captivité“ 1943 – 1945, Jules Legrand, Le Waast“ zurück.
Schreinermeister Franz Schimpl
entdeckte in der Firma Riegelbauer im Lager unter dem Dach der Schreinerei die Kiste des französischen Kriegsgefangenen und brachte sie nach Absprache mit Fritz Riegelbauer auf den Dachboden im Turm der katholischen Kirche.
Pfarrer Josef Handl wurde 1983 von Mesner Franz Schimpl sen., dem Vater von Schreinermeister Franz Schimpl, auf die Kiste aufmerksam gemacht.
Er beschließt nach Rücksprache mit dem Pfarrgemeinderat, den Eigentümer ausfindig zu machen und schreibt an die französische Botschaft in Bonn.
Diese antwortet: Wenden Sie sich an das französische Konsulat in München. Dieses verweist auf das deutsche Konsulat in Lille.
Während der Vorbereitungen zum Katholikentag 1984 in München wirbt Regierungsrat i.R. Dr. Merkt bei einer Pfarrerskonferenz in Abenberg für eine Neuauflage der „Aktion Silbermöwe“. Pfarrer Handl schildert ihm die bislang erfolglosen Bemühungen Jules Legrand ausfindig zu machen.
Dr. Merkt forscht mit Hilfe des mit ihm befreundeten „Franzosen-pfarrers“ aus München nach. Georgensgmünd erhält umgehend die Auskunft, dass Jules Legrand schon verstorben ist.
1984 nach Besprechung mit dem Pfarrgemeinderat lädt die Pfarrei St. Wunibald, Georgensgmünd den für Le Wast zuständigen Pfarrer Pierre Damez aus Colembert zur Teilnahme am Katholikentag und zum Pfarrfest ein
Nach anfänglichem Zögern nimmt Pfarrer Damez die Einladung an.
Er kommt mit zwei Studentinnen, Anne Feutry und Corinne Joly
Beim Pfarrfest das unter dem Motto stand:
„ Nur mit dem Herzen sieht man gut“
wurden sie herzlich begrüßt, die Monstranz wurde ihnen übergeben.
Die Rückgabe löste in Frankreich im Pas de Calais ein positives Echo aus.
Schon 1985 wurde die Pfarrgemeinde Georgensgmünd zu einem Gegenbesuch eingeladen. 45 Personen aus der Pfarrgemeinde Georgensgmünd kamen mit einem Bus.
Sie wurden herzlich aufgenommen. Einige konnten schon in Familien übernachten, die anderen wurden im „Petit Séminaire“ in Boulogne untergebracht.
Im Laufe der Jahre, lernten Deutsche und Franzosen einander, das Land und die Leute immer mehr kennen.
Man informierte sich über die pastorale Situation, erfuhr von Sorgen und Nöten, erlebte Hochzeiten, nahm Abschied.
Seither gab es viele gegenseitige Besuche. Es folgten Einladungen in die Familien. Man einigte sich schließlich auf einen 2-Jahres-Rhythmus.
Aus Gastfreundschaft wurde herzliche Verbundenheit, wurde Freundschaft.
Ein Ausspruch von Pfarrer Handl sollte sich bewahrheiten:
„Der Friede zwischen den Völkern beginnt beim einzelnen Menschen“
Nicht zuletzt gelang dies durch eine offene christliche Gesinnung mit gegenseitiger Wertschätzung.